Erfahrungen

Trotz teilweise erheblicher Sprachschwierigkeiten, sind die Jugendlichen bei den Fahrradtouren und bei den Begegnungen in der Innenstadt engagiert und selbstbewusst auf die Menschen zugegangen. Immer wieder entstanden auch spontane Fragestellungen, die zuvor nicht geplant waren; das jedenfalls werten die Teamer als positives Ergebnis und vor allem als Einfühlungsvermögen in Menschen sowie steigende Medienkompetenz.

Ihr Gefühl für Filmaufnahmen, Blickwinkel, Umfragen, Reportage und Interviews sowie technisches und journalistisches Know How reiften von Mal zu Mal und dafür interessierten sie sich sehr.

Bei den letzten Treffen im 2. Halbjahr 2017 war es nötig, die Bearbeitung der Video- und Radioaufnahmen voneinander zu trennen. Einerseits war es räumlich geboten, zwei Gruppen zu bilden, um sich nicht gegenseitig zu stören, andererseits stellten sich Vorlieben für das jeweilige Medium heraus.

Am besten kam bei ihnen an, die eigenen Videoaufnahmen zu schneiden und sofort ein Ergebnis sehen zu können. Anders als beim digitalen Schnitt für die Radiosendung. Hier fiel es nicht allen leicht, die nötige Geduld aufzubringen, bis ein erstes Ergebnis der Produktion auch für sie und die Hörer interessant und ansprechend arrangiert ist. Sich nur auf die Audioaufnahmen beim Schneiden zu konzentrieren und diese immerhin in einer anderen Sprache als ihre eigene zu bearbeiten, fiel ebenso nicht allen leicht.

Die Gewissheit, dass sowohl die Radiosendungen regional, als auch der Videofilm später überregional veröffentlicht werden würden, motivierte die Jugendlichen sehr. Die Jugendlichen fanden am Ende, dass es ein besonderes Privileg sei, öffentlich die eigene Meinung äußern zu können, was ihnen in ihrem Herkunftsland verboten war. So war auch der Stolz besonders groß, die beiden Radiosendungen dann fertig zu haben und über den Lokalsender Radio Westfalica zu verfolgen.

Persönliche FB-Profile ermöglichten es, die Aufrufe weiträumig zu teilen - damit wurde der Bekanntheitsgrad erhöht. Das wirkte sich auch zum Vorteil aus, als die Rahdener Bevölkerung von der Gruppe aufgerufen wurde: "Wer ist spontan und fährt mit uns morgen Fahrrad?" Es zeigte sich, dass zwei Einheimische und viele andere Flüchtlinge dieser Einladung folgten und die letzte Fahrradtour dann mit 21 Personen stattfand.

Die beiden einheimischen Damen formulierten: "Eigentlich wollte ich nicht mitfahren, weil ich Angst vor den Flüchtlingen habe. Aber man muss sich ja auch kennenlernen." Dass sich das Projekt über so viele Monate hinzog, kann für diese Gruppe als Nachteil gewertet werden: immer wieder mussten geplante Treffen verschoben werden, weil die jugendlichen Geflüchteten ihre Deutschkurse absolvieren mussten oder mehr Zeit für die Schule benötigten.

Fahrradtouren bei strömendem Regen oder für sie als zu "niedrig" empfundene Temperaturen wurden abgesagt. Deutlich wurde auch, dass sich das Bedürfnis erhöhte, den zu erkundenden Radius ausweiten zu wollen. Die Ideen der Jugendlichen waren toll, doch hätte es den Rahmen dieses Projektes gesprengt.

Auch speziell im Filmbereich war es insgesamt ein sehr erfolgreiches Projekt. Trotz Sprachbarrieren gelang es, den Teilnehmenden das notwendige filmische und journalistische Wissen zu vermitteln.Sie haben nicht nur Sprach- und fachliche Kompetenz gewonnen, sondern wurden durch die Möglichkeit sich filmisch Ausdruck zu verleihen, auch spürbar in ihrem Selbstwert gestärkt. Entstanden sind folgende vier Kurzfilme mit unterschiedlicher inhaltlicher Ausrichtung:

Der erste dokumentierte eine Aktion in der Rahdener Innenstadt. Dabei sollten Passanten ihre Gedanken zu Syrien auf die weissen T-Shirts einiger Teilnehmer schreiben. Diese Aktion war den Teilnehmern besonders wichtig und erfüllte sie mit sehr viel Stolz als alle T-Shirt später vollgeschrieben waren.

Die anderen drei Filme befassten sich mit der Erkundung von Rahden auf dem Fahrrad. Im Vorfeld der Radtour wurden Rahdener gefragt, welche Ausflugsziele sie empfehlen würden. Relativ schnell wurde klar, dass der Museumshof wohl der auch überregional bekannteste Anlaufort der Stadt ist. Daher war dieser auch das Ziel der ersten Entdeckungstour und lieferte Material für den zweiten Film.

Auf der zweiten Tour begab sich die Gruppe dann auf die Suche nach der alten Rahdener Burgruine, welche gar nicht so leicht zu finden war. Unterwegs Interviews geführt und diese in den dritten Beitrag der Tour-Dokumentation eingebaut.

Der letzte Film dokumentierte eine große Fahradtour mit 20 Leuten, die zuvor durch eine Zeitungsanzeige zum Mitmachen animiert wurden, zum Arche-Hof in Rahden, in dem vom Aussterben bedrohte heimische Tierart ein Zuhause gefunden haben.