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Die Radiowerkstatt

Die Möglichkeit, eine eigene Radiosendung zu gestalten, wurde von ca. 10 Schülern im Alter von 16 bis 18 Jahren wahrgenommen. Projektorte waren abwechselnd die Medienwerkstatt Minden-Lübbecke, die Räumlichkeiten vom Ludwig-Steil-Hof sowie der Stadtkern von Espelkamp. Die Projekt- und Arbeitszeiten z.T. fanden sowohl schulbegleitend als auch in der Freizeit der jugendlichen Radiomacher statt.

Die Äußerungen der jugendlichen Aussiedler machten schon beim ersten Treffen deutlich, dass sowohl ihre Internatsschule als auch sie selbst in der Öffentlichkeit von Espelkamp vielerlei Stigmatisierungstendenzen ausgesetzt ist. Berichtet wurde über eine Mitte des Jahres stattgefundene Auseinandersetzung zwischen jugendlichen Aussiedlern und türkischen Cliquen im Stadtkern von Espelkamp. Gerade die Darstellung des Ereignisses durch die örtl. Presse hatte aus Sicht der jungen Radiomacher dafür gesorgt, dass die Schüler vom Ludwig-Steil-Hof für vielerlei Konfliktpotentiale in Espelkamp verantwortlich gemacht werden. Die aus ca. 30 Nationalitäten zusammengesetzte Schülerschaft würde in diesem Zusammenhang in der Öffentlichkeit in einem negativen Bild erscheinen und die Kontaktaufnahme zu anderen sozialen Bereichen erschweren.

Aus diesen Gründen entschloss sich die Radiogruppe, eine Sendung über jugendliche Gewalt in Espelkamp zu gestalten. Ziel sollte sein, dem öffentlichen Bild der Internatsschule 'Ludwig-Steil-Hof' eine realistische Einschätzung auf der Basis unterschiedlicher Perspektiven und Meinungen gegenüberzustellen. Hierfür wurden Passanten auf der Straße zum Thema befragt werden, sowie der Polizeichef und der Bürgermeister von Espelkamp.

Von besonderer Bedeutung für die jungen Radiomacher war die Bevölkerungsumfrage. Die Tatsache, dass mehrere Passanten ihre Abneigung zum Ludwig-Steil-Hof äußerten, bot die Möglichkeit, mit ihnen in direkten Austausch zu treten. Zudem stellte sich heraus, dass besonders jugendliche Befragte (anderer Nationalitäten) der Thematik sehr skeptisch bis ohnmächtig gegenüberstanden. Die jungen Radiomacher bemerkten, dass gerade die in der Öffentlichkeit als 'gewalttätig' abgestempelten Jugendlichen nur über geringe Artikulationsmöglichkeiten verfügten. Aus Sicht der Projektteilnehmer wurde dieses sprachliche und kommunikative Defizit als Ursache für ein verstärktes Gewaltpotential interpretiert.

Beim Interview mit dem Polizeichef von Espelkamp stellte sich heraus, dass die Etikettierung von jugendlicher Gewalt in Espelkamp in vielen Punkten nicht aufrechtzuerhalten ist. Auch das Interview mit dem Bürgermeister machte deutlich, dass Jugendliche in Espelkamp im Vergleich zu Jugendlichen in anderen Städten kaum gewalttätiger sind. Auch Motive jugendlicher Gewalt und mögliche Präventionsmaßnahmen wurde erörtert.

Natürlich sollte auch die Perspektive der Projektteilnehmer selbst nicht vernachlässigt werden. Die Grundlage hierfür bot ein bedürfnisorientiertes Radiogespräch über Schulalltag, Freizeitorientierungen und Zukunftswünsche. Die Darstellung alltäglicher Lebensbedingungen sollte in diesem Zusammenhang ein realistisches Bild vom Schul- und Internatsleben aufzeigen, um damit gesellschaftlichen Vorurteilen entgegenzuwirken. Es entstand eine 52 minütige Radiosendung, die über den örtlichen Lokalsender Radio Westfalica ausgestrahlt wurde.

Die Beschäftigung mit dem Thema "Gewalt unter Jugendlichen in Espelkamp" hat bei den jugendlichen Radiomachern die Motivation geweckt, in ihrer Schule ein Schülerbüro zu eröffnen. Einige Radiomacher haben sich diesbezüglich zur Verfügung gestellt, eine Art jugendliche Sprechstunde im Nachmittagsprogramm der Internatsschule einzurichten. Hier sollen zukünftig lebensweltliche Probleme von Jugendlichen auch mit Jugendlichen auf eine anonyme Art und Weise besprochen werden. Die eigenverantwortliche Gestaltung dieser Präventionsmaßnahme zur Aufarbeitung jugendlicher Problemlagen zeigt deutlich, dass die Radiomacher ihre lebensweltlichen Partizipationsmöglichkeiten erkannt haben. So gesehen nehmen sie die Möglichkeit, mit anderen Jugendlichen in einen sozialen und kommunikativen Austausch zu treten, selbst in die Hand.

Der Radiobeitrag kann auf dieser Webseite unter dem Menüpunkt "Ergebnis" als Streaming-Audio angehört werden.














































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